1972 – 1974
1972
Für 450.000 DM kaufte der Lehrer Dr. C. Michael Wilhelmi mit der SPD Abgeordneten Christel Rupprecht zusammen die Häuser der Köpenicker Straße 174 und der Eisenbahnstraße 21. Schon seit längerer Zeit hatte Michael Wilhelmi nach einem Ort gesucht, der es ihm mit anderen Menschen zusammen ermöglicht, inspiriert durch die Philosophie Rudolph Steiners und dessen Gedanken der “Dreigliederung” der Gesellschaft, eine alternative Form des Zusammenlebens und -arbeitens zu finden. In den Häusern der Köpenicker- und Eisenbahnstraße fand er diesen Ort, die Räume ließen eine vielfältige Nutzung zu, der Preis war sehr günstig und in Kreuzberg herrschte damals eine Stimmung des Aufbruchs, in diesem Bezirk Berlins, der so seltsam am Rande unserer Gesellschaft lag, trafen sich Menschen, um andere Wege zu beschreiten. Ein alternativer Lebensentwurf war in Kreuzberg möglich und traf nicht so schnell wie anderswo auf Ablehnung.
Den Anfang des Forums bildete Michael Wilhelmi und sieben Studenten der FU Berlin, die sich in Diskussionsrunden kennen gelernt hatten. Christel Rupprecht fungierte lediglich als Unterstützer des Projektes und war nicht direkt involviert, später wurden ihre Anteile an den Häusern vom “Forum” gekauft.
1. Mai 1973
Der “Verein Forum Kreuzberg – Zentrum für wissenschaftliche, künstlerische und soziale Arbeit” e. V.” wurde gegründet. Die “Freie Volkshochschule” war die erste Einrichtung des Vereins, die im 3.OG der Hinterhäuser eröffnet wurde. In Zusammenarbeit mit der “Volkshochschule Kreuzberg”, wurden Kurse, wie Tischlern und Töpfern angeboten. Zuvor wurden diese Räume als Moschee genutzt, in den Nebenräumen mit Übernachtungsmöglichkeiten für Gastarbeiter.
Auch die zur Alternativbewegung gehörenden Selbstfindungskurse fanden im “Forum” Platz: In der Beletage der Köpenicker Straße 174 machten sich unter lautem Geschrei Anhänger von Otto Mühls AAO (Aktionsanalyseorganisation) reif für die freie Sexualität. Im Hof der Eisenbahnstraße 21 verbreitete ein KFZ Kollektiv Lärm und Gestank.
In den Räumen des Restaurants wurde die “Tarantel”, eine als Drehscheibe der “Dreigliederung” gedachte Kneipe eingerichtet.
1974
Unter der Leitung von Michael Wilhelmi entstand im 4.OG der Köpenicker Straße das “Orientierungsjahr”, das zum Ziel hatte, in einem einjährigen Wanderstudium, interessierten Jungen Menschen in Seminarepochen mit der Anthroposophie bekannt zu machen. Die ersten vier Wochen halfen die Jugendlichen bei Arbeiten im Forum, danach acht Wochen Arbeit in der Industrie, nach einem Praktikum in der Landwirtschaft halfen sie die restliche Zeit sozialen Projekten in der ganzen Welt.
Die “Tarantel” von Teichmann, einem der sieben Studenten, geführt, konnte sich bis dato gerade so halten, doch durch Kontakte zu einer Band namens “Jacky and the Strangers”, die von da an regelmäßig in der Kneipe spielte, wurde sie zu einem beliebten Studenten – Treffpunkt.